Wie man vom Verbraucher zum Nutzer wird oder dem Fast Fashion entflieht

Ich liebe schöne Kleidung. Ich liebe stylisches Aussehen. Kennt ihr das, wenn ihr merkt, dass eure Schränke kein einziges Kleidungsstück mehr aufnehmen können ohne zusammenzubrechen? Und beim jährlichen „Ausmisten“ merkt man, dass viele in der letzten Saison gar nicht angezogen wurden, weil es einfach gar nicht so viele Tage im Jahr gibt, dass man sie alle anziehen kann. Und trotzdem konnte ich nie was wegwerfen, weil das Kleidungsstück an sich einfach zur Schade war. Aus diesem Teufelskreis gibt es nur eine Lösung: mit Kaufen aufhören und lieber nutzen.

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Ich war süchtig. Ich war süchtig nach neuen Klamotten und stylischem Aussehen. Als IT-Projektmanagerin habe ich an vielen wichtigen Terminen mit wichtigen IT-Leitern und noch wichtigeren Geschäftsführern teilgenommen. Dabei war meine Kleidung, Styling und somit mein gesamtes Auftreten bereits die Eintrittskarte in ein erfolgreiches Gespräch. Ich bin eigentlich tief in meinem Inneren schüchtern und unsicher und die Kleidung stärkte mein Selbstbewusstsein und so konnte ich gegenüber männlichen Gesprächspartner überzeugender wirken. Es mag zwar oberflächlich klingen, es half aber tatsächlich. Ich war viel unterwegs und konnte an keinem Outlet vorbeifahren ohne dort für 1-2 Tüten „Nachschub“ zu sorgen. Der Job war zudem sehr stressig und irgendwann merkte ich, dass diese Einkäufe meine Belohnungen waren. Ich brauchte diese Schnäppchenjagd um mein Inneres zu stärken. Ja, es gibt die Sorte Frauen, die viel Geld für Markenklamotten ausgeben, diese werden aber irgendwann doch durch ihren Kreditkartenanbieter „gestoppt“. Ich spezialisierte mich aber auf reduzierte Kleidungsstücke namenhafter Hersteller. Es trieb mich noch mehr an – viele (SEHR VIELE) schöne Sachen zu besitzen für so viel gespartes Geld. Paradox – das wusste ich auch, ich brauchte es aber, es gab mir Kraft den ganzen Arbeitsstress zu kompensieren.

Ich lebe sonst sehr umweltbewusst und wusste also, wie die Kleidungsindustrie heutzutage funktioniert. Ich habe schon immer versucht auf die Etiketten zu achten, wo die Kleidung herkommt und mied bekannte Billighersteller wie H&M oder Primark. Eine Ausstellung half mir, einen tiefgründigeren Einblick zu bekommen und um Kraft zu schöpfen meine Sucht zu besiegen. Zugegeben, ich hatte dann auch meinen Job aufgegeben und mich selbständig gemacht. Das heißt zwar nicht, dass ich dadurch weniger Stress hatte, aber der Druck war anders und ich fühlte mich auch freier.

Aral-See fast verschwunden - ©NASA Earth Observatory

Aralsee wird bald verschwunden sein – ©NASA Earth Observatory

Die Ausstellung hieß: FAST FASHION, und war eine Sonderausstellung in Dresden (www.fastfashion-dieausstellung.de). Es wurde dabei veranschaulicht, wie kriminell die Kleidungsindustrie arbeitet – nicht nur den Mitarbeitern sondern auch der Natur gegenüber. Es lag ein schöner Flyer von Greenpeace aus, hier könnt ihr ihn einsehen: https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/es_reicht_leporello_mode_konsum_e01081_150528.pdf.

Wenn man die Satellitenaufnahmen von den schwindenden Seen in Asien betrachtet (z.B. Aralsee) und dabei erfährt, dass die Herstellung von einer Jeans ca. 7000 Liter Wasser braucht, macht es in meinem Kopf einen gewaltigen Klick. Und ich wünschte mir, es würde auch bei vielen anderen auch einen Klick machen.

Wie viele Kleidungsstücke nutzt ihr tatsächlich aus, wie viele trägt ihr mehr als 5-6 Mal im Jahr? Ich für mich hatte einen Entschluss gefasst und mache eine Art „Kleidungs-Fasten“. Ich hatte meine Kleiderschränke nüchtern betrachtet und festgestellt, dass für die nächsten 2 Jahre definitiv nicht einkaufen brauche, um alle Kleiderstücke wirklich nutzen zu können. Und was meine Kaufsucht aktuell anbetrifft darf ich stolz verkünden, dass ich seit einem halben Jahr „clean“ bin.

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